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Donnerstag, 25. November 2010

einmal ohne alles, bitte

Ab heute startet das Pilotprojekt zur anonymen Bewerbung. Ein paar Unternehmen, darunter auch Telekom, Post und MyDays stellen sich und experimentieren mit. Nachdem es inzwischen ja tatsächlich schon, vom Arbeitsamt organisierte, Arbeitgeber Speeddates gibt, kommen nun quasi Bewerber Blinddates dazu.
Um Diskriminierung jeglicher Art zu vermeiden – Frau, Ossi, Behindert, Homo, oder alles zusammen – wird nun auf Fotos verzichtet, Namen geschwärzt und ganz im allgemeinen alle Angaben unterschlagen, die auf die Person schließen lassen. Bewerber dürfen in diesem Verfahren nicht nur nicht Angaben zu Alter, Herkunft, Sexualität etc. machen, auch Zeugnisse und Leistungsnachweise sollen nicht eingebracht werden. Ja was bleibt denn dann? Schon schwierig, oder?
Ok, das Prozedere Bewerbungsfotos machen zu lassen bleibt einem erspart. Fotografen sind da doch immer gleich. „Ja, noch ein bisschen mehr lächeln. Nein, nicht ganz so sehr. Ja, so ist gut. Und nun bitte ein Stück nach rechts drehen. Noch ein bisschen. Ein wenig – ja wunderbar. So bleiben. Könnten Sie den Kopf ein wenig neigen? Ok, wunderbar! So bleiben. Ja, bleiben Sie genau so. Sieht toll aus. Vorsichtshalber noch eins….“ Nach dem Shooting wundert man sich dann mit steifen Hals, ob man wirklich so aussieht.
Mal abgesehen davon, dass ich wirklich nicht weiß, was man denn nun noch überhaupt in die Bewerbung schreibt, frag ich mich wie es dann weiter geht. Also wenn keine Adresse angegeben werden darf – könnte ja auf Herkunft schließen lassen – wie meldet sich der Arbeitgeber dann bei seinen Favoriten um ihn zum Bewerbungsgespräch zu bitten. Mobilfunknummer könnte gehen. Was sagt man dann? „Hallo Herr oder Frau ich weiß nicht wie Sie heißen. Gehört diese Nummer zu Ihnen? Ja? Ok, haben Sie sich bei mir beworben? Ja? Schön! …“
Spätestens an dem Punkt kann man dann aber doch schon noch nachsortieren. Am Telefon offenbaren sich mit einem Schlag Geschlecht und Namen – aus dem anscheinend so viel geschlossen werden kann. Herr/Frau Arbeitgeber kann auch schnell reagieren. „Ja Frau Mandy Chantal Meyer, es tut mir leid, wir werden Sie im weiteren Verfahren nicht berücksichtigen können.“ Oder aber auch:„Schön Herr Paul Schmidt, ich wollte Ihnen mitteilen, dass wir Sie zum Gespräch einladen möchten.“
Mal angenommen Chef gibt an Bürokraft weiter welche Bewerber angerufen und eingeladen werden sollen und Bürokraft lädt dann auch alle wie gewünscht ins Haus ein, kommt noch das Gespräch. Wenn jemand wirklich ein Problem mit Kopftüchern oder sächseln hat oder schlicht misogyn ist, werden diese Ansichten doch jetzt nicht über Bord geworfen. Oder sind dann wirklich Sinneswandlungen ála „vielleicht passt tatsächlich ein brünetter Mann in unseren "swedish hostess service“ an der Tagesordnung?
Auch L’Oreal und Procter & Gamble nehmen teil. Anders als bei Post und Telekom kann ich mir bei diesen Unternehmen vorstellen, dass oft auch Leute gesucht werden, die neben einer gewissen Qualifizierung vor allem auch Charisma, Sympathiefaktor, eben Ausstrahlung mitbringen müssen. Fotos können da schon viel sagen. Wie macht man das? Hach ist das alles Kompliziert.
By the Way, sind Vorstrafen in polizeiliche Führungszeugnissen nicht auch eventuell ein Anlass zur Diskriminierung?
Für mich steht jedenfalls schon länger fest, ich werd kein Arbeitgeber. Aber nun weiß ich auch, dass ich ne Arbeitsstelle finden muss, wo ich schon in der Bewerbung ich sein darf. Ich will kein anonymisiertes Blatt Papier sein. Auch keine anonyme Datei. So wie Em ist, ist sie gut – nordisch, Frau, blond, jung. Mich einfach selbst zu unterschlagen um eventuell bessere Chancen zu haben, das geht zu weit.

Dienstag, 9. November 2010

mal wieder

Deutsche und russische Wetterexperten gaben es heute bekannt: dieses Jahr bekommen wir einen Horrorwinter. Das heißt mehr Schnee, mehr kalt, mehr uhwwaa. Für manche Frauen mag das ein willkommener Grund sein das Stutzen der Körperbehaarung zu vernachlässigen und Pelz zu tragen. Hält warm, spart Geld, mag eine Überlegung wert sein. Den Winter letztes Jahr hab ich sehr gemocht. Ich hab mich kein bisschen beschwert. Ich fand minus 20 Grad klasse; endlich kann man mal kuscheln. Beziehungen leiden doch im Sommer. Wenn man sich nicht einmal anfassen mag, weil alles aneinander klebt. Fasst man andere Menschen im Hochsommer an hinterlässt man glatt einen schwitzigen Handabdruck. Pfui Bah! Da darf es doch gerne wieder kalt werden.
Außerdem habe ich grade wieder angefangen zu stricken. Bei Horrorwinter hab ich wenigstens ´n Grund mehr zu stricken… und weniger für die Uni zu tun. Stricken ist da wie Hausarbeit. Lernen oder Hausarbeit? Hausarbeit! Mach ich was für die Uni? Neeein, ich strick grad so schön! Einen Schal für meine Schwester ÄhmKar habe ich schon fertig. Kind hat auch schon einen bekommen. Er hasst ihn, aber er hält warm, also ist er  gut. Jetzt ist dann meiner dran, natürlich in Petrol. Petrol ist wichtig! Mal sehen, was dann kommt. Braucht hier jemand noch nen Schal? Mützen sind da schon eher ein Problem. Also, beziehungsweise, Haare und Mützen in Kombination sind das Problem. Denn, welche Frisur kann man im Winter schon tragen? Zopf nur wenn in der Mütze genug Platz ist. Allerdings sieht man dann wie ein Wichtel aus. Offen? Ja, ok, aber meistens ist man schnell statisch aufgeladen, so dass man einen Hauseigenen Heiligenschein aus Eigenhaar mit sich trägt. Komplizierte Flechtwerke halten ganz gut, rauben einem aber bei der Herstellung den letzten Nerv und wenn dann mal was schief geht – Prost Mahlzeit, richtig blöd! Also, Mützen, schwieeeeeeeerig. Aber, obwohl, man könnte ja mal welche Stricken.   
Eigentlich ist es schade, dass schon wieder alle vom Winter sprechen. Wir haben grad so einen wunderschönen Herbst. Indien Summer. Es ist so herrlich endlich wieder durch bunte, vor allem aber durch gelbe Blätterhaufen zu hüpfen. Hier muss kurz unterschieden werden. Gelbe Blätterhaufen toll, gelber Schnee böööse! Drachen steigen lassen und zusehen wie schnell sich die Welt um einen herum verändern kann. Irgendwie besteht für viele Menschen das Jahr nur aus Winter und Sommer. Frühling und Herbst werden vernachlässigt. Es sei denn, man möchte heiraten. Das macht man dann im Frühling. Ansonsten heißt es aber immer nur „Wie wird der Winter?“, „Wie wird der Sommer?“. Oh, wir kriegen einen Jahrhundertwinter. Und jetzt wieder Jahrhundertsommer… Jupp, jedes Jahr auf neue Jahrhundertwinter und –sommer. Ok, der Winter wird auch irgendwie immer Länger und der Sommer auch, aber das heißt ja nicht, dass man die anderen vernachlässigen muss. Herbst und Frühling haben auch Rechte. Vor allem der Herbst. Ich bin für Herbst. Gebt dem Herbst eine Chance.

Mittwoch, 27. Oktober 2010

Na dann...

Ok, ich hab letztes Mal etwas gejammert. Aber immerhin hab ich diese Seite ja genau dafür gemacht. Nämlich um das, was mich beschäftigt, loszuwerden. Inzwischen hab ich die ersten drei Tage des Wintersemesters unbeschadet überstanden und mich wieder ein bisschen beruhigt.
Etwas frustrierend ist allerdings, dass mir ständig klar wird, dass ich im Schnitt doch ein paar Jahre älter bin als meine Kommilitonen. Am Montag saß ich neben einem sehr netten Mädchen, das fast weinte, weil es nächste Woche Geburtstag hat und schon sooo unglaublich ALT wird. Ha, da muss man doch mal Fragen, oder? Und, was ist? Die Dame wird schon unglaubliche 22. Glaubt mans? Und ich saß daneben mit gut viereinhalb Jährlein mehr auf Schultern. Eigentlich fühl ich mich nicht alt. Bin ich ja auch nicht. Aber für dieses Fräulein wäre ich, glaub ich, der Rente schon recht nahe. Ich hab dann einfach mal mein Alter verschwiegen und ihr mein tiefes Mitleid ausgesprochen. So etwas bekomm ich seltsamer Weise öfter zu hören, wobei ich von den betreffenden Leidenden immer jünger als sie selbst eingeschätzt werde. Seh ich so lütsch aus? Ich werde  von 18 jährigen angeflirtet in der festen Annahme ich sei der höchstens der gleiche Jahrgang. Ohne Ausweis darf ich keinen Wein kaufen. Immerhin, wenn dieser Effekt anhält, kann ich später über Anti Age Maßnahmen nur lachen. Yeah, dann wird das gesparte Geld in Schuhe investiert.
Noch etwas ist mir aufgefallen. Kann sein, dass es vor den Semesterferien auch schon so war, dann hab ichs aber nicht gesehen. Jogginghosen. Was ist das? Also zum Joggen ok, aber warum als Ersatz für richtige Hosen? Hauptsächlich durfte ich die Sporthose an Männchen beobachtet. An übergewichtigen Männchen. Ist das bewusste Selbstironie oder haben Jogginghosen special Gimmicks, wie eine eingebaute Heizung, von denen ich nichts weiß. Ich versteh es jedenfalls nicht, aber vielleicht sollte ich die Idee aufschnappen und demnächst mal in meinen gemütlichen Hausschühchen in der Vorlesung auftauchen. Thekla und ich hatten ja schon mal ein ähnlich geartetes Experiment, allerdings schicker.
Auf jeden Fall geh ich nun ein wenig optimistischer an dieses Halbjahr. Jedenfalls morgen. Vielleicht hälts ja länger. Freitag?

Sonntag, 24. Oktober 2010

Hopp und los

So, ab morgen geht’s wieder in die Uni. Semesterferien sind vorbei und auch meine eigenmächtig verlängerte Woche Urlaub am Meer ist um. Aber ich will nicht. Ich will wieder an die See und mir den Wind um die Ohren pusten lassen. Mit meinen Gummistiefeln durchs seichte Wasser hopsen. Frei sein und sich klein und unwichtig in der Welt fühlen weil man einfach drin aufgeht.
Stattdessen ist nun wieder Stress, Hektik und Selbstgeißelung gefragt. 40 Wochenstunden außer Haus, dazu noch lernen, Kind und Haus – ich möchte hiermit schon mal Burnout für nächsten Frühling anmelden. Und warum das ganze? Ich mag mein Studienfach, finde es interessant und es liegt mir auch. Aber will ich das machen? Ach was wär ich für eine glückliche Friseurin geworden. Oder Schneiderin? Vielleicht sollt ich nach dem Abschluss ne Lehre machen.  Ist es denn so falsch etwas machen zu wollen, das einen glücklich macht, auch wenn man dann nicht zu den Supiverdienern gehört?  
Wenn man immer bemüht ist das Richtige zu machen und dabei unglücklich ist, wirft das  irgendwann die Fragen auf: Ist es nicht vielleicht richtiger zu tun was einen glücklich macht?
Wie oft habe ich Dinge in der Annahme gemacht, es sei das Beste und es ging mir schlecht dabei. Immer wieder gehe ich an Orte, zu Menschen (zurück) weil ich denke, anderen damit etwas Gutes zu tun auch wenn mein Bauch kläglich „nein“ jammert. Und da haben wir sie wieder, die inneren Erzfeinde. Herzlich willkommen zu „Seele vs. Kopf vol. 2“. Vielleicht ist es auch Feigheit die mich antreibt. Tut man das richtige bietet man anderen kaum Angriffsfläche, während Glücksaktionen doch gerne mal als Egotrip missverstanden werden.  Vielleicht fehlt mir schlicht der Mumm etwas zu verändern.
Wie dem auch sei, bis auf weiteres werd ich mich beugen, ein guter Mensch sein und ein bisschen vor mich hin welken.

Freitag, 15. Oktober 2010

Dorf und Presse

Vielen Dank an Madita für den Anstoß
Wohnt man in Dorf, da ist wohl eins wie das andere, gehört es zum guten Ton die örtliche Kreiszeitung zu lesen. Hat man offen eine Zeit, oder das Handelsblatt während Dorfbesuch vorbeischaut kriegt man schon argwöhnische Blicke alà „Hälst dich wohl für was Besseres!?“ Die Kreiszeitung hingegen wird von nahezu allen obligatorisch abonniert. Kein Wunder. Nicht nur, dass man so über Hochzeiten, Geburten und Beerdigungen informiert wird, man bekommt lebenswichtige Infos frei Haus. Zum Beispiel gab es vor kurzem einen „Artikel“ über den Spielmannszug aus Dorf und dessen Ausflug nach Hamburg. Auch wenn ein Bauer, oder auch seine Kühe, mal besonders viele Kälbchen in einem Jahr bekam, oder eine malende Hausfrau ihre „Werke“ in einem Dorfkaffee, dass zwei Tage die Woche geöffnet hat, ausstellt – alles berichtet die Kreiszeitung zuverlässig.
Es mag Menschen geben, die sich gern mal in einer Zeitung wiederfinden würden. Und ja, ich gebe zu, würde ich in einer RICHTIGEN Zeitung lesen „Em aus Dorf hat es geschafft. Ihr Debütwerk wurde gleich zum Bestseller“  wäre ich stolz und geschmeichelt.
Ins örtliche Käseblatt zu kommen ist hingegen nicht nur leicht, sondern kaum zu vermeiden. Inzwischen hab ich es aufgegeben alle Artikel zu sammeln in denen ich oder einer meiner Familie erwähnt oder abgebildet wird. Klar ruft man sich nochmal gegenseitig an. „Hast dus schon gesehen?“ Und dann ist das Thema aber auch gegessen. Meistens passen die Bilder dann nämlich gar nicht zum Text, oder aber, wenn man ein „Interview“ gegeben hat, werden einem die Worte im Mund verdreht. Was ich nach wie vor sammle, sind die Familienanzeigen soweit sie meine Familie oder Freunde betreffen.
Einmal wurde ein Foto von einer meiner liebsten Freundinnen und mit auf unserer Abi-Party gemacht. Beide waren wir nüchtern und richtig gut drauf. Keine Ahnung wie dieses Foto dann in die Zeitung kam, aber es war riesig und als Titel daneben stand „Adrenalin Rausch und Sangria in Eimern“.  Will man es ernsthaft vermeiden sein Gesicht abgedruckt wieder zu finden bleibt nur eins – zu Hause bleiben und öffentliche Plätze meiden. Selbst der Stadtbummel oder Straßenfest ist nicht sicher.
So gab es einmal ein Foto von mir beim Schuhe kaufen. Für alle zu sehen war Em, sitzend auf einem Hocker bei Deichmann, ein Bein in die Luft gestreckt, mit beiden Händen an einem recht engen Stiefel zerrend, ein Ausdruck im Gesicht, der zugleich auf Hoffnung und Verzweiflung folgern ließ. Das Bild hatte den Untertitel „Kaufrausch trotz Kriese“.  
Wunderbar war auch das Foto von den Ladys und mir auf dem wöchentlichen Sommerstadtfest, auf dem wir wunderbar synchron tanzten und alle wunderbar synchron bescheuert drein schauten. Nicht hübsch, ganz und gar nicht. Gute Werbung für potentielle Verehrer war das damals bestimmt nicht.
Was soll ich sagen, es ist schon gut die Artikel nicht mehr zu sammeln. Es wär doch ein seltsames Bild der Em, das sich ergäbe fügte man all diese Papierschnipsel zusammen.

Donnerstag, 14. Oktober 2010

Ein Klassiker

Computer? Ich glaube, könnte ich Computer versehen, könnte ich auch alles andere schaffen. Die Weltherrschaft an mich reißen oder so!?

Was weiß ich eigentlich über diese merkwürdige Kiste hier vor mir? Gar nichts! Dabei kümmer ich mich täglich so liebevoll um sie, massieren ihre Tastertur, streicheln die Maus und manchmal knie ich sogar vor ihr und versuchen sie beschwörend anzubeten - nämlich dann, wenn mal wieder nichts geht. Eigentlich macht dieses Ding doch immer alles so lieb ichs gern hätte. Eigentlich. Eigentlich denke ich auch ich hätte sie im Griff. Eigentlich.

Aber in den Momenten, in denen alles nur noch schwarz wird, oder, viel schlimmer, einfach alles stehen bleibt und ich noch verzweifelt versuche etwas zu retten, da ist es genau anders herum. Dann hat das Mistding mich total im Griff. Ich glaube die machen es mit Absicht! Nur um mich zu ärgern....

Ich versteh mich eigentlich ganz gut mit meinem PC, aber ich glaube im moment hat er seie Tage!

Mittwoch, 13. Oktober 2010

Hach wie schön

Vor eineinhalb Jahren  sind Mann und ich nach Dorf gezogen, weil wir beide dagegen waren ein Kind in der Großstadt aufzuziehen. Eine Kindheit auf dem Lande wollten wir für Kind, mit Kühen und Garten und Treckern. Und ich muss zugeben, wir haben hier durchaus eine Idylle wie von Astrid Lindgrens Worten gemalt; ein Haus, ein riesigen Garten, Kätzchen und Ziegen. Kind geht jeden Tag mit Opa frische Milch vom Bauern holen. Ja, doch, Kind geht es hier bestens. Allerdings steh ich inzwischen irgendwie mit der Natur auf Kriegsfuß. Die Idylle  greift mich an.
Zum Beispiel diese Schmetterlinge. Arg, Schmetterlinge. Bis vor ein paar Wochen fand ich sie noch ganz zauberhaft. Eigentlich hab ich mich immer gefreut wenn es im Garten bunt vor sich hin flatterte. Aber seit neusten werden die Viecher aufdringlich. Ständig benutzen sie mich als Landeplatz, sitzen auf meinen Beinen, Haaren, flattern ins Gesicht. Das nervt. Ja, auch Schmetterlinge sind tief in ihrer Seele nur aufdringliche Insekten.
Dann wäre da noch der Garten. Im Garten wachsen bei uns Obst und Gemüse. So weit so gut. Ich liebe Himbeeren. Keine Frage, dass die nicht fehlen dürfen. Doch sie wachsen und wachsen und wachsen. Ich kann schon keine Himbeeren mehr sehen, habe schon ein paar Schälchen davon eingefroren, jeden Tag futtert Kind sich daran satt und trotzdem. Es sind noch so unglaublich viele Bärchen in Lauerstellung. Ohnehin scheint der Garten mich insgeheim zwangsernähren zu wollen. Immer noch essen wir Blaubeeren, die im Sommer zu ihrer eigenen Sicherheit eingefroren wurden. Wochenlang gabs täglich wechselnd entweder Zucchini oder Bohnen. Und öffnet man die große Gefriertruhe gibt es immer noch eine wunderbare Schicht Bohnen als Decke für alles darunter. Pflaumen, Äpfel, Birnen, Johannesbeeren,… es nimmt kein Ende. Wer soll denn das alles essen?
Am besten mach ich es den zahlreichen Omis und Opis nach, die alles einkochen, einwecken und zauberhafte Marmeladen machen und diese dann anschließend an ihre Lieben verschenken. Früher war ich immer ganz begeistert, welche Arbeit sich jemand gemacht hat um mir Marmelade zu schenken. Jetzt weiß ich, dass ist reiner Selbstschutz. Die netten einweckenden Menschen wollen einfach wieder Platz in den Schränken und Frostern. Sie wollen wenigstens die Hoffnung nicht verlieren, irgendwann nochmal etwas anderes essen zu können. Fleisch zum Beispiel. Jammi. Guten Hunger dann.

Samstag, 9. Oktober 2010

Feimweh

Für Marry K.

Soweit ich mich zurückerinnern kann hatte ich nie Heimweh. Seit ich klein war hatte ich hingegen eher die Tendenz ständig wegzulaufen. Ich konnte es auf Klassenfahrten nie verstehen, wenn Mitschüler weinend am Telefon hingen und unbedingt nach Hause wollten. Ich liebe meine Familie und bin immer noch gern bei meiner Mama, aber der Ort „zu Hause“ an sich hat mir nie gefehlt. Als ich ungefähr vier war hatte ich mir schon mal, pro forma versteht sich, ein akzeptables Kinderheim ausgesucht, für den Fall, dass meinen Eltern etwas zustößt.
Was in meiner Kindheit noch eher Gleichgültigkeit über mein Aufenthaltsort war, wurde mit einsetzen der Pubertät zu ausgewachsenen Fernweh. Egal wo ich war, ich wollte da weg. Ganz gleich wohin, Hauptsache weg. Zu meinem Geburtstag lege ich seit meinem 13. Geburtstag ein unglaubliches Fluchtverhalten an den Tag. Damals war ich mit einer Freundin, von Mama abgesegnet, nach Dänemark „geflüchtet“. Meine Familie war zu der Zeit eigentlich in Schweden und hat sich extra die Mühe gemacht zu meinem Ehrentag bei mir zu sein. Was soll ich sagen, damals hab ich meiner Mama die Tür vor der Nase zugeknallt, wollte alleine sein und hatte extrem miese Laune. Seit dem fliehe ich jedes Jahr aufs neue – mal in Freizeitparks, ins Ausland, in die Arbeit, ich bin da recht kreativ.
Vor fünf Jahren zog ich dann zum studieren in Hamburg und landete nach einem halben Jahr (inkl. Familiärer Notunterkunft und Horror-WG) im Studentenheim. Ungefähr zur gleichen Zeit verließ mich mein damaliger Freund – nennen wir ihn BeEx – wegen einer Japanerin!!!! (anderes Thema) verlassen. Ich war also völlig allein und ungebunden in einer unpersönlichen Unterkunft. Und trotzdem, zum ersten mal war diese innere Unruhe weg. Ich war wo ich sein wollte und wollte nicht weg. Nicht in dem Wohnheim, aber in meinem geliebten Hamburg, hab ich mein „Heim“ gefunden, dass erst da richtig entdecken konnte. Bald hatte ich dazu auch noch wunderbare neue Freundinnen gefunden und wohnte mit Jan in der Oberliga-WG in der Pussystreet. Es war sooooo wunderbar.
Jetzt wohne ich in Dorf und mein Fernweh ist wieder da. Oder ist es jetzt Heimweh geworden, weil ich weiß wo ich hinwill?

Mittwoch, 6. Oktober 2010

nomen est omen

Wenn man ein Kind bekommt, ist eine Aufgabe unumgänglich - ein Name muss gefunden werden. Hat man, so wie ich, bei fast allen Vornamen sofort Bilder, Personen und Vorurteile im Kopf, wird die Sache um einiges schwieriger. Für mich muss der Name meines Kindes bestimmte Bedingungen erfüllen.
·         Er muss zu einem Kind passen. Horst, Willfried, Edeltraut, Gertrude und ähnliches fällt also weg.
·         Andererseits ist man die meiste Zeit des Lebens erwachsen. Auch da sollte man ansprechbar sein. Also nichts mit Tommy, Bella und artverwandten.
·         Spätere Lebenspartner sollten ihn auch zärtlich hauchen oder im Bett laut rufen können. Töns, Töns, Töns – sowas geht einfach nicht.
·         Der entscheidende Punkt ist aber, der Name sollte möglichst keine negativen Assoziationen hervorrufen.
Und damit zurück zum Titel. Ich denke an „nomen est omen“ ist so einiges dran. Hier einige meiner spontanen Vorurteile… Treffe ich zum Beispiel eine Mandy, Aileen, Chantalle oder Diseree sinkt ihr IQ in meiner Vorstellung rapide. Damen mit solchen Namen sind gerne Kosmetikerinnen, Nageldesignerin, Hostessen oder auch Prostituierte. In Ronnys und Ginos sehe ich prügelnde Ossis. Und, herrgottnocheins, was stellen wir bloß später mit den ganzen Kevins, Justins und den unzähligen Lillis an, die grade die Kindergärten erobern? Ich kann mir einfach keinen Vorgesetzten Justin, keine Chefin Lilli vorstellen. Zum anmotzen, weil nicht vernünftig geputzt oder gemauert wurde, eignen sich diese Namen allerdings hervorragend. Lille könnte aber auch kellnern oder strippen.
Natürlich gibt es auch positive Assoziationen. Wenke, Frauke, Dörte sind für mich Pferdewirtin oder Kindergärtnerin, Knut, Paul und Ole bodenständig und solide. Männer, die auf Tim, Mark, Jan o.ä. hören, sind sowohl Akademiker und in Vorständen zu finden, als auch Musiker oder Künstler im Allgemeinen. Die weiblichen Gegenstücke sind Namen wie Sonja, Simone, oder Sarah. Es scheint, als sei S ein guter Anfangsbuchstabe für einen Mädchennahmen :)
Mir gefallen nordische, aber auch hebräische Namen besonders gut. Ein Jannik, Michel, eine Ida oder Lotta ist mir gleich sympathisch. Manchmal scheint es, als würden einen gewisse Namen begleiten. So gibt es keine Sarah, mit der ich mich bisher nicht wunderbar verstanden hätte. Prinzipiell kann ich keine Diseree ansehen oder ansprechen ohne dabei einen gewissen Brechreiz zu verspüren. Seit dem Kindergarten gibt es immer einen Jan, der auf verschiedenste Weisen Einfluss auf mich hat(te) – vom besten Freund, über Mitbewohner, Dozent, Familie bis hin zum heimlichen nicht endenden Bauchkribbeln – alles war schon dabei. Zufall, oder ist das normal?

Montag, 4. Oktober 2010

Auf der Suche

Fast hat man das Gefühl als würde es uns an allen Ecken mangeln. Zumindest wird überall eifrig nach allem gesucht. Nein, nicht nach essen oder einer Lösung für mehr Gerechtigkeit in der Welt. Gesucht wird nach ganz anderen, natürlich auch sehr wichtigen Dingen… So stöbert Deutschland nach einem Star für Oslo, endlosen Popstars, oder ominösen Supertalenten. Die zauberhafte Sarah Connor hofft auf den X-Faktor, was auch immer in der Welt das sein mag. Wir suchen sowohl Topmodels, als auch Frauen für gestandene Bauern – vielleicht ließe sich dort was Kombinieren? Ein Versuch wärs bestimmt Wert. Und hat ein Mann nicht das Glück als Bauer durchs Leben zu streifen und sich von Frau Bause eine Braut suchen zu lassen, hilft Frau Int-Veen ja auch noch mit „Schwiegertochter gesucht“.  
Ich bin da um einiges bescheidener, wenn aber auch nicht weniger energisch. Ich suche meine Autoschlüssel. Ständig versteckt er sich vor mir. Klar, der liebe Gott war so großartig auch den Ersatzschlüssel zu schaffen, aber was wenn der Notfallautoöffner fehlt? Nein, besser gar nicht erst den Schlüssel #1 verlieren. Leider, so glaub ich, mag er mich nicht und sucht deswegen regelmäßig das weite. Mann hat zwar gleich bei unserem Einzug ein Schlüsselbrett installiert, aber das hilft hauptsächlich den Zweitschlüssel zu sichern. Zahlreiche Umfragen haben ergeben, dass sich der Gesuchte diesmal, wie eigentlich immer, in einer meiner Taschen (Jacke~, Hose~, Hand~) befindet. Dann gehe ich nun mal ans Werk und werde langsam, Schritt für Schritt, Verstand gegen Schlüssel tauschen gehen.
Falls man die nächsten Tage nichts von mir hört, könnte mal jemand in meinen Taschen suchen….

Freitag, 1. Oktober 2010

Walk this way

„Oach, die paar Meter könn‘ wir auch fahren.“ - das scheint eines der Lebensmottos in Dorf. Dass selbst kürzeste Strecken grundsätzlich mit dem Auto zurückgelegt werden, gehört zu den Dingen, die mir erst mit der Zeit aufgefallen sind.
Geht man einmal ganz um Dorf rum, dauert das, bei normaler Geschwindigkeit, um die 40 Minuten.  Also ist das Haus, das vom Ausgangspunkt am weitesten entfernt ist, in maximal  20 Minuten per pedes zu erreichen. Der Tante-Emma-Laden liegt ziemlich genau in der Mitte von Dorf. Und trotzdem. Niemand geht irgendwo hin – immer muss das Auto herhalten. Und das führt zu seltsamen, fast paradoxen Verhaltensweisen.
Braucht man noch Süßes für den Abend, fährt er schnell zum Dorfladen und kauft dort selbstverständlich zu Dorfladenpreisen. Ich ernte aber immer wieder Unverständnis, wenn ich kurz in die Stadt fahre (10 Minuten by car) um einen Haufen Lebensmittel  zu geringen Preisen zu erstehen.
Anderes Beispiel – Partys. Findet in Dorf eine Party statt, fahren die meisten Gäste dorthin. Auf Partys gibt es Alkohol (das Thema hatten wir schon) und da man betrunken nicht fährt, lässt man Autochen stehen und läuft nach Hause. Am nächsten Tag findet dann ein Sternlauf zum Autoholen statt. Ich fasse zusammen: Die Gäste laufen insgesamt einmal zur Lokation und wieder zurück- nur eben in umgekehrter Reihenfolge -  und Fahren aber auch hin und wieder zurück. Es ist also fast, als wären sie zweimal dort gewesen.
Als ich neulich mit Kind meine obligatorische Runde gedreht haben, hatte ich ein erschütterndes Erlebnis. Ein fettes Kind – also Mondgesicht auf Michelinmännchenkörper – fuhr mit einem Quad über die Straße, packte Heu in seinen Anhänger und ab zurück zur anderen Seite gedüst und abgeladen. Dann wieder von vorn. Unfassbar! Allerdings hat das wohl sone Art Tradition. Also das Nichtlaufen. Vor kurzen hat mir Mann erzählt, dass er, kaum den Führerschein in der Hand, immer zum Badeteich (inkl. Party) gefahren ist. Der Teich ist ca. 200 Meter von seinem Elternhaus entfernt und auch sein Bruder tat schon früher so.  Natürlich musste das geliebte Auto am nächsten Tag wiederbeschafft werden….
Es ist aber keinesfalls so, als würden sich die Menschen hier nicht bewegen. Im Gegenteil, regelmäßig finden Radtouren oder auch Wanderungen statt, sonntags geht man spazieren. Nur wird Bewegung eben nicht mit Zweckmäßigkeit verbunden; Schützen- oder Ernteumzug mal rausgenommen.
But Em walks on.


Sonntag, 26. September 2010

Em returns the Lollipop

Ich habe ein Anliegen, ein Vorhaben, eine Mission. Der Lollie braucht ein Comeback. Lollipops machen so viel Freude. Ob genüsslich dran lutschen und lecken oder die bunten Kugeln am Stiel gierig wegschlecken. Lutscher geben uns ein Stück Kindheit zurück und schaden als sugarfree-Variante der Figur nicht einmal. Als netten Nebeneffekt haben sie, bei richtigem Gebrauch versteht sich, sogar ne Anmachgarantie. Erstaunlich viele Männer macht es heiß einer Frau beim Lutschen zu zusehen. Wie das wohl kommt… Also Ladys, auf auf und ran an die Lollies! Lasst uns ein bisschen „Grease“ wieder aufleben lassen und aller „Pink Ladys“ einen Lollie genießen.

Mittwoch, 22. September 2010

Talk uppn Dorf

Verbale Konversation liegt einer Frau für gewöhnlich. Wir sind großartig darin zu reden, zuzuhören, die Themen aus dem nichts zu wechseln und zwischen ihnen zu switchen. Treff ich mich mit meiner Mama und Schwester, sind drei Frauen und mindestens sechs Themen im Raum. Jede redet ohne Punkt und Komma und kann trotzdem problemlos den anderen folgen und auf sie eingehen. Verirrt sich dann ausversehen ein Männchen in unsere Gegend, verlässt er dann auch schnell wieder den Raum aus der puren Angst sein Verstand zu verlieren. Kurz, Em kann Unterhaltungen führen und auf ihr Gegenüber eingehen.

Eine andere Sache ist Smalltalk. Auch das kann ich gut. Ganz klasse sogar. Eine Zeit lang hab ich gute Freunde ohne Herzdame zu Geschäftsessen begleitet, weil ich so schon smalltalken, also reden ohne was sagen, kann. Aber Konversation uppn Dorf ist noch mal ne ganz andere Nummer. Als ich hierher zog, war das völliges Neuland für mich. Trifft man sich auf der Straße, beim Spazieren gehen oder beim Bäcker werden immer Worte gewechselt - grüßen gilt nicht – allerdings wird dabei noch viel weniger Information weitergegeben als beim Smalltalk. Das fällt mir immer noch schwer.

Meine Lieblingssituation ist immer noch die: Ich schiebe Kind im Buggy die übliche Runde, Frau auf Fahrrad saust vorbei und ruft „Na, seit ihr auch unterwegs?“. Aaaah. Was soll ich denn da antworten? Nur „ja“ sagen geht nicht, dann gelt ich wieder als unhöflich oder eingebildet. Ist der Satz zu lang, hört Frau mich ja nicht mehr und es steht außer Frage, dass sie anhalten und zuhören würde. Was also tun?

Ich habe jetzt ein Jahr mit der Analyse des Dorftalk verbracht und bin zu einer wunderbaren Feststellung gekommen. Mit einigen wenigen Sätzen kann man in jeder Situation angemessen reagieren; von der Fahrradfrau bis zur kleinen Unterhaltung. Für Thekla und andere Neudörfler hier eine Auswahl.

„Muss ja, muss ja.“
„Man tut was man kann.“
„Da kann man nichts machen.“
„Es ist ja wie’s is.“
„Oach, ja, nech.“
„Da kannst nichts sagen.“

Tatsächlich sind diese Sätzchen problemlos untereinander austauschbar. Durch Fragen können dann ganze Gespräche geführt werden.

„Und, wie is?“
„Und sonst so?“
„Und die Kinder (wahlweise Mutter, Frau, Hund, Haus, Garten…)?“

Ein wahres Beispiel sind Bauer (B) und Mann (M):

B: „Ach, Hallo!“
M: „Moin, Moin.“
B: „Und, wie is?“
M: „Muss ja, muss ja. Und sonst so?“
B: „Man tut was man kann.“
M: „Da kannst nichts machen.“
B: „Es is ja wie’s is. Und die Frau?“
M: „Och ja, nech.“

Dieses Gespräch ging in genau dieser Manier weiter. Ungelogen mindestens 20 Minuten. Und auch wenn ich mir extrem dämlich vorkomme, wenn solche Phrasen meinen Mund verlassen, es wirkt. Die Menschen, denen ich nun regelmäßig ein „Muss ja“ schenke, mögen mich immer lieber. Manchmal ist weniger eben mehr.

Dienstag, 21. September 2010

Ein erster Versuch

Ok, glücklich werden. Kann ja nicht so schwer sein. Gestern starte also einen ersten Versuch mich selbst zu beglücken. Also auf zu Kaufland und kurze Zeit später hatte ich eine Tafel Nougatschokolade verdrückt und schleckte genüsslich ein Eis. Zufrieden konnte ich feststellen recht glücklich zu sein. 10 Minuten später war mir schlecht! Richtig übel! Das war wohl nicht grad die beste Idee. Nene, und dick wird mich das auch noch machen. Vielleicht ist das alles doch nicht so einfach. Medizin wär wohl wesentlich unkomplizierter. Beipackzettel lesen, Panik vor Nebenwirkungen entwickeln und ab geht’s. Wieso hab ich nicht wenigstens Placebos bekommen. Meine Seele hätte sich bestimmt täuschen lassen. Denke ich jedenfalls. Wir kennen uns nicht so gut. Da muss ich dem Doktor schon recht geben. Ich bin nun mal recht Kopfgesteuert. Mein Verstand regiert, ist absoluter Diktator in mir und meine Seele hat zu kuschen. So hat das bis jetzt auch immer funktioniert. Aber nun steht Revolution auf dem Plan! Wie ein Guerillakämpfer greift sie aus dem Hinterhalt an und manipuliert fröhlich und heimtückisch an meinen Körperfunktionen. Einfach so, mir nichts, dir nichts. Gut, dann muss ich nun dafür sorgen, dass beide sozusagen eine große Koalition bilden. So dürfte das mit dem glücklich werden doch klappen, oder? Einfach so den Verstand dem Bauchgefühl unterordnen ist erstens schwer, zweitens wirke ich dann doch vielleicht leicht bekloppt.

Montag, 20. September 2010

Glück auf Rezept

In den letzten Monten war eine meiner Hauptaufgaben zum Arzt zu fahren. Genauer gesagt zu Ärzten. Viele verschiedene. Mit verschiedenen Fachbereicht, diversen Standorten und erschreckend unterschiedlichen Wartezeiten. Dazu muss ich sagen: Ich hasse Ärzte! Ich hasse es mit kranken Menschen zu warten, dass endlich Frau Em gerufen wird - wer weiß, was die anderen alles für Krankheiten haben. Ich hasse es immer und immer wieder das gleiche erzählen zu müssen nur um dann wieder zu hören, dass ich überwiesen werde. Aber am meisten hasse ich das Wissen um die ganzen Nadeln und Spritzen und diverse andere Folterinstrumente. Himmel, wenn ich nur daran denke wird mir schon ganz schlecht. Ich versuche also tunlichst alle Krankheiten zu vermeiden, die eine Anwendung dieser Foltermittel beanspruchen würden. Also alles in allem. Ich versuche Ärzte zu meiden.

Es kommt durchaus vor, dass ich zwei drei Tage mit höllischen Bauchschmerzen im Bett liege und hin und herüberlege. Ist das nun Blinddarm? Vielleicht sollte ich ins Krankenhaus. Aber nein, dann nehmen die mir erstmal Blut ab. Und sollte man dann auch noch operiert werden…. Herrje! Noch mehr Nadeln! Nein, ich warte. Wenn es wirklich mein Appendix ist und durchbrechen sollte, falle ich ja wahrscheinlich um. Hätte ich mir also den Teil bis inklusive Narkose erspart.
Während meiner Schwangerschaft hatte ich keine Angst vor der Geburt- natürlich abgesehen von den obligatorischen, ständigen Sorgen um Kind. Allerdings wurde ich panisch bei dem Gedanken unnötiger Weise gestochen zu werden. Ich ging also im Vorhinein in die Klinik und ließ eine Akte anlegen in der Stand, dass mich niemand ungefragt anrühren, oder pieksen, oder, noch viel schlimmer, einfach mal nen Zugang legen darf. Das ist doch abartig. Da wird ahnungslosen Mamis in Spe einfach mal ne Nadel mit Andockstation vorzugsweise in den Handrücken gejagt, nur für den Fall, dass man das später eventuell noch mal gebrauchen könnte. Nicht mit mir! NEIN!

Nun ging es allerdings in den letzen Monaten so Berg ab mit mir, dass ich das alles auf mich nahm. Ich konnte zeitweise nicht mehr sprechen, bekam schlecht Luft und zahllose Blutergüsse ohne mich zu stoßen. Finger, Arme und Füße wurden manchmal taub und immer diese Bauchschmerzen. Das war dann selbst mir zuviel und ich überwand meinen Ärzteekel. Schwierig, schwierig!
Nach jedem Arztbesuch war ich wahnsinnig stolz auf mich es überwunden zu haben. Nach jedem Arztbesuch war ich wahnsinnig angepisst, dass ich wieder überwiesen wurde, weil nichts gefunden werden konnte. Natürlich will ich nicht krank sein. Aber angeblich nichts zu haben und das Gefühl zu haben immer mehr kaputt zu gehen. Das ist auch scheiße!
Final kam ich wieder bei meinem Hausarzt an. Die große Runde war absolviert und ich hoffte, dass er nun mit dem Auge fürs Ganze mir sagen könne was los ist und welche Medizin ich nehmen muss, damit dann alles wieder gut ist.

Seine Diagnose: “Frau Em, wenn bei einem Auto der Motor ausfällt weil er kein Kühlwasser mehr hatte, dann liegt das nicht am kaputten Motor, sondern am fehlenden Kühlwasser!”
Toll ich merke der Mann kann schlussfolgern.
“ Sie sind jetzt ein Auto!”
Was? Nicht unverschämt werden. Irre bin ich noch nicht!
“Sie sind nicht kaputt, sondern es fehlt nur etwas, dass alles am Laufen hält”
Mein Kühlwasser?
“Tief innen drin, so denke ich, sind Sie nicht glücklich. Ihre Seele protestiert indem sie den Körper manipuliert.”
Böse Seele, böse!
“Dazu der ganze Stress…”
Stimmt! Ja, ich hab die Metapher jetzt verstanden.
“Wahrscheinlich versuchen Sie aber weiter so gut zu funktionieren, dass Sie nicht mal merken, dass ihre Seele nicht ok ist.”
Wenn ich nicht weiß, dass ich unglücklich bin, wie kann ich es dann sein. Wenn der Baum umfällt und keiner merkst…. Jetzt wird’s philosophisch.
“Finden Sie raus was los ist und ändern Sie es! Werden Sie glücklich!”
Tschaka!

Ich hab jetzt tatsächlich fast einen Monat frei. Keine Uni, Prüfungen oder Jobs. Jetzt nehm ich`s in Angriff: Em wird glücklich! Auf geht’s! Aber wie?

Mittwoch, 15. September 2010

Em feiert Feste

Hier in Dorf ist das gemeinsame Feiern unglaublich wichtig. Da gibt es zum einen die Klassiker wie Schützenfest und Erntedankfest. Von der Klientel unterscheiden sie sich genauso wenig wie durch Lokation oder die immer gleiche Pommesbude. Einzig in der Dekoration sind Merkmale auszumachen. Erntefest – Korn und Stroh hängt an den Wänden; Sützenfest – Orden und Joppen baumeln an Dorfdamen und Herren. Doch nicht nur die Feste diese an sich bieten Grund zum Feiern. Ganz ganze drum herum wie Schmücken oder Kranzen, alles wird ausgiebig exerziert und zelebriert. Meine liebe Freundin Thekla, inzwischen auch ein Dorfdeern, kann davon ein Lied singen.

Ich glaube den tiefen soziologischen Sinn hinter den ganzen Partys entlarvt zu haben – ja, Em hat Soziologie als Nebenfach belegt. Wird gefeiert, fließt Alkohol und das nicht wenig. Betrinken sich Menschen, werden sie offenherzig, reden viel und auch vieles, was eigentlich nicht an fremde Ohren gehört. Es ist ja kein Geheimnis, dass in Dorf (da ist eins wie das andere) jeder über jeden bescheid zu wissen meint. Nun entsteht dadurch eine gewisse Verschworenheit, die wiederum verbindet. Ergo: Saufen hält das Dorf zusammen.
Zurück zu den Festen. Neben den Klassikern gibt es hier noch eine ganze Reihe anderer Anlässe zum Verbindung stärken. Maifest, Bierfest, Straßenfest, Sportfest, ja sogar der Geburtstag von Dorf bedarf einer angemessenen Feier. Der letzte Dorfgeburtstag war mal wieder ein Highlight. Bier am Meter, Cola mit Geschmack (Weinbrand, Wodka oder Whiskey) und mal ganz was schickes, Cocktails. Mitten im Nirgendwo wurde gefeiert, weshalb dich Musik auch dementsprechend laut sein musste. Irgendwie musste man ja hinfinden können. Vielen Dank nochmal an den charmanten Herren, der mir den Abend trotzdem ganz zauberhaft in Erinnerung bleiben ließ.

Gibt es mal nichts zu feiern, gibt es immer noch Institutionen wie die Feuerwehr. Natürlich geh ich ohne Zweifel davon aus, dass alle Mitglieder der freiwilligen Feuer dort sind um zu helfen. Aber die Mitgliedschaft hat bestimmt auch andere Vorteile. Einmal in der Woche findet ein Übungstreffen statt. Dort wird dann zusammen ein, zweimal ordentlich abspritzten geprobt; meine lieben Freundinnen wurden einmal Zeuge einer solchen Übung. Anschließend wird dann selbstverständlich Bier getrunken.

Demnächst steht bei uns Erntefest an. Ich denke dieses Jahr wird ich mich zum ersten Mal vollständig dem Sog ergeben und fallen lasse. Diesmal werd ich alles mitnehmen. Mit marschieren, sogar den Kinderwagen schmücken, tanzen, singen und mir mal ordentlich die Kante geben. Auf gehts! Wer ist dabei?

Soundtrack

Musik ist unglaublich wichtig für mich. Eigentlich ist immer das Radio, CD, oder der I-Pod an. Ja, wir haben sogar die Kassetten wieder entdeckt. Ich brauche Musik um Stress abzubauen, mich auf Partys einzurocken, kochen, putzen, rumhüpfen. Immer wieder gibt es Lieder die einen bezaubern, mitreißen, berühren und man lässt sie ein Stück weit sein Leben begleiten. Lieblingslied, triffts aber nicht ganz. Für mich sind das viel eher Soundtracks.

Wenn ich ein Lied eine Zeit mitgenommen hab, dann passiert es mir immer wieder, dass ich in diese Zeit zurückswitche wenn ich solche Songs nach Jahren wieder höre.“ Music“ von Patrice, und schon hab ich wieder mein Abi frisch in den Händen. „You can`t stop the beat“- Em tanzt auf Monis Hochzeit. Und bei “Er gehört zu mir” von Marianne Rosenberg steht ich wieder mit Moni zusammen, eine Stehlampe als Mikro in der Hand, vor dem Spiegel und übe für die Mini-Playbackshow.

Manchmal aber ist einfach jeder Song doof und fast unerträglich. Wenn man selbst nicht weiß, was man will oder wo man hingehört. Wenn das Herz von etwas träumt, was es wohl nie kriegen kann, dann will man einfach nicht hören, was die Interpreten zu sagen haben. Jede Zeile scheint einen persönlich anzusprechen, tut weh und brennt so hell unter der Haut.

Bei Lethargie begleitet einen nichts so gut wie guter Jazz. Ich hab mir grad ein neues, ganz wunderbares, Album gekauft und treibe vor mich hin. Sobald sich die Möglichkeit gibt den Kopf auszuschalten – CD an. Ich bin dann mal wech….

Samstag, 11. September 2010

Fui Spinne

Als Mama hat man eine Vorbildfunktion. Erziehung ist überschätzt, Kinder machen eh das nach was man selber tut. Also heißt es benehmen und zusammenreizen. Was im Straßenverkehr noch ganz gut funktioniert wird bei Insekten und Spinnen schon deutlich schwieriger. Immerhin ist Kind ein zukünftiger Mann und ich sehe es als meine Pflicht ihn in die Lage zu versetzten später seine Frau vor Spinnen retten zu können. Also keine Angst zeigen, damit er auch keine bekommt.

So passiert es, das ich im Garten sitze und lese und Kind mir mal ne gigantische, fette schwarze Spinne aufs Buch packt und fragt „Das ist?“. WAAAAAAAAA! Mit all meiner Kraft, einer Herzattacke und dem dringenden Bedürfnis aufzuspringen und mich zu schütteln, erkläre ich dann „Eine Spinne, mein Schatz, setz sie doch bitte ins Beet, da geht’s ihr besser als auf dem Buch“. Anschließend hab ich mich im Bad eingeschlossen, geschüttelt wie ein nasser Hund, eingebildetes Krabbeln verjagt, mir die Hände desinfiziert und das Buch verbrannt. Aber, hey, Situation gemeistert.

Ein anderes Mal im Garten steht Kind vor mir und hält einen zappelnden Ohrenkneifer zwischen seinen Kleinkinderwurstfingern. „Das ist?“ Gut, das kann ich, so schlimm sind die Dinger nun auch nicht. „Ein Ohrenkneifer, mein Schatz, komm setz ihn ins Gras da geht’s im besser.“ Kind ist lernwillig und wiederholt brav „Ohreneifer“. „Ja, mein Schatz, ein Ohren.., nein, nein, nein, nicht in den Mund stecken! … Spuck ihn wieder aus! … Nein, nicht kauen! … Spuck aus! … Nicht runterschlucken! ... Aber nicht noch einen essen!“ Kind hüpft wieder in die Sandkiste und freut sich „Ohreneifer gesst. Komisch meckt!“ und buddelt weiter.

Donnerstag, 9. September 2010

Ikea Wonderworld

Ach ja, IKEA. Tempel aller Dekofreaks, Mutterschiff der Frauen und Schreckgespenst leierter Männer. Ein Mann assoziiert mit dem schwedischen Möbelmekka einen Ort, der auf seine Freundin/Frau/Lebensabschnittsgefährtin wie ein großes schwarzes Loch wirkt. Ist sie erst einmal der ungeheuren Anziehungskraft erlegen verschwindet sie dort auf unbestimmte Zeit. Meist für einige Stunden, einige Herren behaupten jedoch ihre Herzdame erst nach Tagen wieder gesehen haben. Immer jedoch muss Mann ein mehr oder minder hohes Lösegeld zahlen.

Frauen sehen das ein bisschen anders. Allein der Beschluss, am besten mit einer guten Freundin, zu IKEA zu fahren, löst ein wohlig warmes Gefühl im Bauch aus. Jeder Besuch verläuft dabei nach einem nahezu gleichen Schema. Man beginnt immer in der oberen Etage, der Möbelschau, dem Appetitmacher für unten. Man dreht gemütlich seine Runde, nimmt nie die Abkürzung, sitzt Probe, macht „Wenn-ich-mal-Geld-habe“-Pläne, findet so vieles in der Kinderabteilung sooo süß und landet im Restaurant. Da inzwischen ja fast jede „Family-Mitglied“ ist, wäre es ja auch dumm nicht sein gratis Heißgetränk in Anspruch zu nehmen. Bei mir und dem liebreizenden Fräulein S. gibt es an dieser Stelle dann prinzipiell Köttbullar mit extra viel Preiselbeeren. Jammi!

Frisch gestärkt geht’s auf nach unten. Pro-Forma wird ein Einkaufswagen geschnappt und losgetingelt. Hier mal gucken, dort mal schauen und wie von Zauberhand füllt sich der Wagen. Ganz neben bei. Heimlich und fast unbemerkt. Im Vorteil sind hier eindeutig die, die mit Freundin unterwegs sind. - Situationsbedingt, kann jede ja nur einen halben Einkaufswagen füttern. Erstaunlicherweise geht man nämlich nie zu zweit auch mit zwei Wagen los! - Auch wenn man mit dem bescheidenen Wunsch seine Reise angetreten hat nur einen Bilderrahmen zu kaufen, steht man dann an der Kasse und bepackt pflichtbewusst das Laufband. Immer mit dem Strichcode nach oben. Während Frau dann noch bei einem letzen Hot Dog und/oder Soft Ice sitzt, versucht die ein oder andere nochmal die Rechnung zu prüfen (immerhin ging grad ein nicht unerheblicher Teil des Monatsbudgets nach Schweden). Allerdings lässt sich nur noch an den Preisen nachvollziehen was denn nun eigentlich was war. Andersrum wird’s schwieriger. War „Krama“ nun ein Kerzenständer, oder doch ein Waschlappen? Egal! Fröhlich verlassen wir unsern Wallfahrtsort mit einer vollgepackten blauen Kunststofftasche und nicht selten auch mit etwas, das nur schräg ins Auto (völlig unabhängig von dessen Größe) passt und unsere Beifahrerin auf der Rückfahrt behindert.

Ja, Ikea macht uns glücklich und unsere Wohnungen ein wenig schöner! Nächste Woche darf ich auch wieder hin. Ich brauche einen dekorativen Pappkarton um Babykleidung zu verstauen… Mann überkommt zunehmend eine gewisse Unruhe.

Mittwoch, 8. September 2010

Em goes Dorf

Vor knapp eineinhalb Jahren bin ich nach Dorf gezogen. Dorf ist ein Dorf wie aus dem Bilderbuch. Eine Hauptstraße, mehr Kühe als Einwohner, jeder kennt jeden. Nicht, dass mir dieser Ort völlig fremd war. Ich war dort schon oft. Aber hinter die Gemeinmisse von Dorf, seine Rhythmen und Regeln kommt man erst wenn man dort wohnt. Ganz langsam – Stück – für Stück – für Stück. Nach wie vor bin ich noch am lernen und hüpfe mit einer gewissen Regelmäßigkeit von einem Fettnäpfchen ins nächste.

Auch wenn ich ernsthaft versuche mich zu integrieren, in einigen Sachen werde hier immer anders sein. Nehmen wir die Mode. Die durchschnittliche Frau aus Dorf in meinem Alter verfolgt recht einheitlich einen gewissen Style. Turnschuhe und Hosen scheinen ein Muss. Gerne gesehen sind auch gefütterte Westen. Selbst Bauchtaschen sind keine Seltenheit. Nachdem ich die ersten Wochen meine Runden in Flatterrock und High Heels („Wei kannst denn mit den Dingern lopen, Deern?“) mit dem Kinderwagen durch Dorf flaniert bin, haben sich die Menschen hier einigermaßen mit mir Abgefunden. Trotzdem werd ich regelmäßig nach dem Befinden meiner Füße befragt. Die Menschen hier sind eben sehr fürsorglich. Seither bin ich Em, die mit den hohen Schuhen… Meine wunderbare Freundin, das liebreizende Fräulein S., hatte bei einer Party hier eine Ansteckblume. Nun ist sie eben die Frau mit der Blume. Ein Beiname ist in Dorf etwas ganz normales. Meistens ist es einfach der jeweilige Beruf: Bauer X, Jungbauer Y, Schweinewird Z….

Mann hat neue Gummistiefel geschenkt. Totschick! Schwarz, halbhoch, wasserdicht. Werde sie gleich zu pinken Tulpenrock durch Dorf spazieren führen.

Em goes on

Ich brauche zuerst mal einen Decknamen falls zukünftige Chefs mich googlen… Also nennt mich Em. Em aus Dorf. Sorry, was kreativeres ist mir nicht eingefallen.

Nach langer Tippabstinenz und vielen Nachfragen hab ich mich dafür entschieden wieder zu bloggen. Allen voran wird das hier ne Art dringend notwendiger Eigentherapie, aber ich weiß aus sicherer Quelle, dass sich meine fünf Leser von damals freuen wenn ich wieder Schmue schreibe.

Falls eine meiner Ladys ebenfalls einen Decknamen wünscht, ich hab da schon schöne Ideen :) Also dann mal los….