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Freitag, 1. Oktober 2010

Walk this way

„Oach, die paar Meter könn‘ wir auch fahren.“ - das scheint eines der Lebensmottos in Dorf. Dass selbst kürzeste Strecken grundsätzlich mit dem Auto zurückgelegt werden, gehört zu den Dingen, die mir erst mit der Zeit aufgefallen sind.
Geht man einmal ganz um Dorf rum, dauert das, bei normaler Geschwindigkeit, um die 40 Minuten.  Also ist das Haus, das vom Ausgangspunkt am weitesten entfernt ist, in maximal  20 Minuten per pedes zu erreichen. Der Tante-Emma-Laden liegt ziemlich genau in der Mitte von Dorf. Und trotzdem. Niemand geht irgendwo hin – immer muss das Auto herhalten. Und das führt zu seltsamen, fast paradoxen Verhaltensweisen.
Braucht man noch Süßes für den Abend, fährt er schnell zum Dorfladen und kauft dort selbstverständlich zu Dorfladenpreisen. Ich ernte aber immer wieder Unverständnis, wenn ich kurz in die Stadt fahre (10 Minuten by car) um einen Haufen Lebensmittel  zu geringen Preisen zu erstehen.
Anderes Beispiel – Partys. Findet in Dorf eine Party statt, fahren die meisten Gäste dorthin. Auf Partys gibt es Alkohol (das Thema hatten wir schon) und da man betrunken nicht fährt, lässt man Autochen stehen und läuft nach Hause. Am nächsten Tag findet dann ein Sternlauf zum Autoholen statt. Ich fasse zusammen: Die Gäste laufen insgesamt einmal zur Lokation und wieder zurück- nur eben in umgekehrter Reihenfolge -  und Fahren aber auch hin und wieder zurück. Es ist also fast, als wären sie zweimal dort gewesen.
Als ich neulich mit Kind meine obligatorische Runde gedreht haben, hatte ich ein erschütterndes Erlebnis. Ein fettes Kind – also Mondgesicht auf Michelinmännchenkörper – fuhr mit einem Quad über die Straße, packte Heu in seinen Anhänger und ab zurück zur anderen Seite gedüst und abgeladen. Dann wieder von vorn. Unfassbar! Allerdings hat das wohl sone Art Tradition. Also das Nichtlaufen. Vor kurzen hat mir Mann erzählt, dass er, kaum den Führerschein in der Hand, immer zum Badeteich (inkl. Party) gefahren ist. Der Teich ist ca. 200 Meter von seinem Elternhaus entfernt und auch sein Bruder tat schon früher so.  Natürlich musste das geliebte Auto am nächsten Tag wiederbeschafft werden….
Es ist aber keinesfalls so, als würden sich die Menschen hier nicht bewegen. Im Gegenteil, regelmäßig finden Radtouren oder auch Wanderungen statt, sonntags geht man spazieren. Nur wird Bewegung eben nicht mit Zweckmäßigkeit verbunden; Schützen- oder Ernteumzug mal rausgenommen.
But Em walks on.


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