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Samstag, 9. Oktober 2010

Feimweh

Für Marry K.

Soweit ich mich zurückerinnern kann hatte ich nie Heimweh. Seit ich klein war hatte ich hingegen eher die Tendenz ständig wegzulaufen. Ich konnte es auf Klassenfahrten nie verstehen, wenn Mitschüler weinend am Telefon hingen und unbedingt nach Hause wollten. Ich liebe meine Familie und bin immer noch gern bei meiner Mama, aber der Ort „zu Hause“ an sich hat mir nie gefehlt. Als ich ungefähr vier war hatte ich mir schon mal, pro forma versteht sich, ein akzeptables Kinderheim ausgesucht, für den Fall, dass meinen Eltern etwas zustößt.
Was in meiner Kindheit noch eher Gleichgültigkeit über mein Aufenthaltsort war, wurde mit einsetzen der Pubertät zu ausgewachsenen Fernweh. Egal wo ich war, ich wollte da weg. Ganz gleich wohin, Hauptsache weg. Zu meinem Geburtstag lege ich seit meinem 13. Geburtstag ein unglaubliches Fluchtverhalten an den Tag. Damals war ich mit einer Freundin, von Mama abgesegnet, nach Dänemark „geflüchtet“. Meine Familie war zu der Zeit eigentlich in Schweden und hat sich extra die Mühe gemacht zu meinem Ehrentag bei mir zu sein. Was soll ich sagen, damals hab ich meiner Mama die Tür vor der Nase zugeknallt, wollte alleine sein und hatte extrem miese Laune. Seit dem fliehe ich jedes Jahr aufs neue – mal in Freizeitparks, ins Ausland, in die Arbeit, ich bin da recht kreativ.
Vor fünf Jahren zog ich dann zum studieren in Hamburg und landete nach einem halben Jahr (inkl. Familiärer Notunterkunft und Horror-WG) im Studentenheim. Ungefähr zur gleichen Zeit verließ mich mein damaliger Freund – nennen wir ihn BeEx – wegen einer Japanerin!!!! (anderes Thema) verlassen. Ich war also völlig allein und ungebunden in einer unpersönlichen Unterkunft. Und trotzdem, zum ersten mal war diese innere Unruhe weg. Ich war wo ich sein wollte und wollte nicht weg. Nicht in dem Wohnheim, aber in meinem geliebten Hamburg, hab ich mein „Heim“ gefunden, dass erst da richtig entdecken konnte. Bald hatte ich dazu auch noch wunderbare neue Freundinnen gefunden und wohnte mit Jan in der Oberliga-WG in der Pussystreet. Es war sooooo wunderbar.
Jetzt wohne ich in Dorf und mein Fernweh ist wieder da. Oder ist es jetzt Heimweh geworden, weil ich weiß wo ich hinwill?

2 Kommentare:

  1. Liebe Em,
    ich habe laaange über Deinen Post nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen dass Fernweh in den meisten Fällen ja nicht die Sehnsucht danach ist irgendwo HIN zu kommen. Meistens ist es eher der Wunsch von irgendwo WEG zu kommen (und sei es nur vom regnerischen Novembergrau)
    Also stellt sich die grundsätzliche Frage (Zitat aus dem Film TENDERNESS): "Are you looking for pleasure or running from pain?"
    xoxo
    MK

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  2. Liebe MK,
    da hast du völlig recht.
    I think I'm running from pain...

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