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Mittwoch, 22. September 2010

Talk uppn Dorf

Verbale Konversation liegt einer Frau für gewöhnlich. Wir sind großartig darin zu reden, zuzuhören, die Themen aus dem nichts zu wechseln und zwischen ihnen zu switchen. Treff ich mich mit meiner Mama und Schwester, sind drei Frauen und mindestens sechs Themen im Raum. Jede redet ohne Punkt und Komma und kann trotzdem problemlos den anderen folgen und auf sie eingehen. Verirrt sich dann ausversehen ein Männchen in unsere Gegend, verlässt er dann auch schnell wieder den Raum aus der puren Angst sein Verstand zu verlieren. Kurz, Em kann Unterhaltungen führen und auf ihr Gegenüber eingehen.

Eine andere Sache ist Smalltalk. Auch das kann ich gut. Ganz klasse sogar. Eine Zeit lang hab ich gute Freunde ohne Herzdame zu Geschäftsessen begleitet, weil ich so schon smalltalken, also reden ohne was sagen, kann. Aber Konversation uppn Dorf ist noch mal ne ganz andere Nummer. Als ich hierher zog, war das völliges Neuland für mich. Trifft man sich auf der Straße, beim Spazieren gehen oder beim Bäcker werden immer Worte gewechselt - grüßen gilt nicht – allerdings wird dabei noch viel weniger Information weitergegeben als beim Smalltalk. Das fällt mir immer noch schwer.

Meine Lieblingssituation ist immer noch die: Ich schiebe Kind im Buggy die übliche Runde, Frau auf Fahrrad saust vorbei und ruft „Na, seit ihr auch unterwegs?“. Aaaah. Was soll ich denn da antworten? Nur „ja“ sagen geht nicht, dann gelt ich wieder als unhöflich oder eingebildet. Ist der Satz zu lang, hört Frau mich ja nicht mehr und es steht außer Frage, dass sie anhalten und zuhören würde. Was also tun?

Ich habe jetzt ein Jahr mit der Analyse des Dorftalk verbracht und bin zu einer wunderbaren Feststellung gekommen. Mit einigen wenigen Sätzen kann man in jeder Situation angemessen reagieren; von der Fahrradfrau bis zur kleinen Unterhaltung. Für Thekla und andere Neudörfler hier eine Auswahl.

„Muss ja, muss ja.“
„Man tut was man kann.“
„Da kann man nichts machen.“
„Es ist ja wie’s is.“
„Oach, ja, nech.“
„Da kannst nichts sagen.“

Tatsächlich sind diese Sätzchen problemlos untereinander austauschbar. Durch Fragen können dann ganze Gespräche geführt werden.

„Und, wie is?“
„Und sonst so?“
„Und die Kinder (wahlweise Mutter, Frau, Hund, Haus, Garten…)?“

Ein wahres Beispiel sind Bauer (B) und Mann (M):

B: „Ach, Hallo!“
M: „Moin, Moin.“
B: „Und, wie is?“
M: „Muss ja, muss ja. Und sonst so?“
B: „Man tut was man kann.“
M: „Da kannst nichts machen.“
B: „Es is ja wie’s is. Und die Frau?“
M: „Och ja, nech.“

Dieses Gespräch ging in genau dieser Manier weiter. Ungelogen mindestens 20 Minuten. Und auch wenn ich mir extrem dämlich vorkomme, wenn solche Phrasen meinen Mund verlassen, es wirkt. Die Menschen, denen ich nun regelmäßig ein „Muss ja“ schenke, mögen mich immer lieber. Manchmal ist weniger eben mehr.

1 Kommentar:

  1. gaaanz wunderbar!
    Sowas kann ich nämlich gar nicht,
    da kann ich noch viel lernen!
    Und besonders schwierig wirds fürmich, wenn
    eine dritte Person dazukommt, die mit der
    zweiten gar nichts anfangen kann...
    Eva

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